Steinbildhauerei
Vom 01. – 05. Juli 2019 fand an der Akademie der Kulturellen Bildung des Bundes und des Landes NRW (bis 2016 Akademie Remscheid) letztmalig ein Steinbildhauerkurs unter der Leitung des langjährigen Mitarbeiters für Kunst- und Werkpädagogik, Roland Oesker, statt.
Die 14 Teilnehmer des Kurses, einige davon durch regelmäßige Teilnahme an Kursen von Roland Oesker zu erfahrenen Steinbildhauern avanciert, schätzten sich glücklich, einen menschlich und fachlich so kompetenten Kursleiter zu haben, der die Arbeit an einem mehr oder weniger harten Stein mit Leichtigkeit zu vermitteln verstand. Neben der Handhabung von Spitzeisen, Zahneisen und Klüpfel, der Übertragung der Proportionen vom Tonmodell auf den Stein, aber auch die Überlassung vollständiger künstlerischer Freiheit, stand Roland Oesker mehr als Berater denn als Dozent zur Seite, der in seinen Kommentaren, musikalischen Beiträgen mit Fidel oder Gesang viele Lebensweisheiten für Künstler auf dem Weg zu einem freien Menschen vermittelte.
Mit dem Song „El Condor pasa“ in der Textfassung von Paul Simon erinnerte uns Roland während des Steineklopfens daran, wie frei man sich als Spatz oder Wald fühlen könnte, während man als Mensch an den Boden gefesselt sei. In der künstlerischen Arbeit vollziehe sich die Befreiung zu einem ungebundenen, vollkommenen Menschen.
„I’d rather be a sparrow than a snale / Yes, I would, if I ever could, I surely would / I’d rather be a hammer than a nail / I’d rather be a forest than a street
Away, I’d rather sail away/ Like a swan that’s here and gone / A man gets tied up to the ground / He gives the world its saddest sound, its saddest sound …“
Aussuchen der Steine
Die freie Wahl des Steines ist Voraussetzung für seine Aneignung als Objekt, dem wir Ausdruck verleihen wollen. Dabei ist es unerheblich, ob die Proportionen eines Gesichtes, einer menschlichen Figur hundertprozentig stimmen. Roland: „Was schert mich die Realität, wenn ich um den Ausdruck kämpfe.“ Wie in meiner Ölmalerei (Vorstoß ins Unbewusste) suche ich den Zugang zu „meinem Stein“.
Als Material dient ein Baumberger Sandstein (Kalksandstein), der sich relativ gut bearbeiten lässt und mit einem Glatteisen sogar filigrane Details zulässt. Leider waren zu wenige vorhanden, damit jeder eine zweite Figur bearbeiten könne. Deshalb wurden etwas größere Steine halbiert. Von früheren Kursen waren aber auch noch härtere Quarzsandsteine bzw. rote Sandsteine vorhanden.
Freiluftwerkstatt
Die Künstler bei der Arbeit
Die Werke
Entspannung
Werkkritik
Bis zum Ende des 19. Jh. bestimmte der Inhalt die Form; mit Beginn der Moderne wird die Form zur dominanten Aussage, unabhängig von ihrem Inhalt. Auf diese Entwicklung macht uns Roland durch einen kunsthistorischen Abriss, ergänzt um philosophische Betrachtungen, aufmerksam. Der Vortrag war der Frage einiger Teilnehmer geschuldet, welche Aussage man einer Figur geben könne oder wolle. Christiane hatte mit ihrem Anklang an Rodinsche Bronzearbeiten auf die grundsätzliche Thematik verwiesen. Ihre Figur könne als „Lesender“ oder „Lesende“ gesehen werden oder schlechthin als „das Lesen“.
Mit Verweis auf Bernhard Luginbühl (1929-2011), dessen Eisenplastiken zwar erkennbar auf bekannte Muster, z.B. als Tiere oder als Maschinen zu identifizieren seien, aber wie bei Jean Tinguely (1925-1991) und seinen Maschinenskulpturen jenseits einer sinnhaften Funktion bzw. Aussage auf das Symbolhafte einer Plastik verweisen, deutet Roland auf den Verständniswandel in der Bildenden Kunst hin. Auch bei Niki de Saint Phalle (1930-2002), die mit Tinguely verheiratet war, sind noch Anklänge an bekannte Formen, z.B. Körperformen, erkennbar, aber die Form steht eindeutig im Vordergrund.
Begonnen hatte diese Entwicklung freilich schon mit Barbara Hepworth (1903-1975), deren Skulpturen der reinen Form frönen. Monumentaler Höhepunkt ist die selbst als Symbol nicht mehr zuordenbare Skulptur „Die endlose Säule“ von Constantin Brâncuși (1876-1957).
Einen anderen Weg beschreitet Ernst Barlach (1870-1938) mit seinen Skulpturen, die auf etwas Übergeordnetes verweisen. So ist „Der Schwebende“ oder „Schwebender Engel“ durchaus als menschliche Figur erkennbar, aber ihr Ausdruck symbolisiert den Frieden schlechthin. So bekommt Christianes Figur letztlich auch so etwas wie die symbolhafte Umsetzung des „Lesens“, wobei die anatomische Korrektheit eine untergeordnete Rolle spielt.
Steinbildhauerei in Havixbeck
11. – 13. September 2020
Coronabedingt war ein Folgekurs mit Roland Oesker im Frühjahr ausgefallen. Um so erfreulicher war darum das Kursangebot des Sandsteinmuseums in Havixbeck. Bei bestem Wetter konnten die 9 Teilnehmer im Innenhof des Museums unter fachkundiger Leitung von Rieke Köhler ihren skulpturalen Eingebungen folgen und dem Stein ein prägendes Gesicht geben oder ihm eine Figur entlocken. Im Zentrum der münsterländischen Baumberge konnten wir den vor Ort abgebauten Sandstein nutzen, der sich aufgrund seiner Zusammensetzung mit einem relativ hohen Kalkanteil sehr gut verarbeiten ließ. Einige Bruchstein erwiesen sich jedoch als äußerst hart; hier war der Quarzanteil wesentlich größer. Dementsprechend gröber fielen die Werke aus.
Bei einer Führung durch das Sandsteinmuseum mit dem Leiter des Hauses, Dr. Joachim Eichler, erfuhren wir viel über die historische Steinbruch- und Steinmetz-Tradition in den Baumbergen, wo bereits im Mittelalter Steine für den Dombau in Köln, Münster oder sogar bis nach Xanten geliefert wurden. Es blieb nicht aus, dass sich eine Steinmetz-Gilde bildete, die eine lange Tradition begründete und sogar bis in die künstlerische Gestaltung der Steinbildhauerei vordrang. Nach Abschaffung von Leibeigenschaft konnten viele Bauern auf ihren Feldern im 18. und 19. Jh. eigene Steinbrüche eröffnen und in das lukrative Geschäft mit dem begehrten Naturstein einsteigen. Die Steinbruchbesitzer erlangten nicht selten Wohlstand und konnten sich aus dem Material ihrer eigenen Steinbrüche herrschaftliche Wohnsitze bauen, die man bis heute noch bewundern kann.
Einführung
Museumsführung
Bei der Arbeit