Sardinien 2025
13.- 24.06.2025
Betrachtet man die früheren Klimatabellen für Sardinien, lag das Mittel im Juni bei 25 Grad. Erträglich. Leider macht sich der Klimawandel auch hier bemerkbar. In unserem Reisezeitraum waren 30 Grad und mehr durchaus normal. Allerdings wartet die Insel mit einer Bergwelt auf, die im Gennargentu-Massiv mit dem Punta La Marmora stolze 1834 m aufbringt. Aber selbst der Monte Ortobene, der Hausberg der Stadt Nuoro, bietet mit seinen 895 m und seinem dichten Steineichenwald beste Sommerfrische an, während im ca. 30 km entfernten Cala Gonone (hinter Dorgali) ein schöner, aber schattenloser Strand ein kühles Bad im Mittelmeer verspricht. Zweifellos sind auch die Wassertemperaturen des Mittelmeers gestiegen; trotzdem empfand man noch eine Abkühlung beim Schwimmen. Das war freilich kein Vergleich zu dem kalten Wasser des Wasserfalls vom Rio Sos Molinos im Landesinneren, das eine wahre Wohltat war. Wasser gibt es auf der Insel genug, aber nicht unbedingt gleichmäßig verteilt. Gab es im Mai noch heftige Regenfälle, mochten diese auf der Hochebene Giara di Gesturi bei unserem Besuch nur noch in einem „Pauli“ den Wildpferden, Ziegen und Rindern genügend Wasser bieten; die übrigen flachen Bodensenken waren schon trockengefallen.
Orgosolo
Ein besonderes Dorf in den Bergen ist Orgosolo. Als Hochburg von Banditen und verfeindeten Clan-Familien im ausgehenden 19. Jh. / Anfang des 20. Jh. verschrien, glänzt der Ort heute gewiss nicht durch seine Schönheit. Aber das Anarchische, die Auflehnung gegenüber dem Staat zieht sich wie ein roter Faden durch die Ortsgeschichte. 1969 kam es zu einer ungeahnten Solidarität der Bevölkerung, als man sich gegen die Pläne wandte, aus der Hochfläche des Pratobello einen NATO-Truppenübungsplatz zu machen. In der Folge entstanden seit 1975 an den Hausfassaden „Murales“, Graffiti, die sich gegen jede Art von „Kolonialismus“ und Bevormundung richteten. Damit verbunden war ein „Kampf“ um Selbstständigkeit Sardiniens: „Sardigna no est Italia!“. Wenn man bedenkt, dass gerade mal 1,5 Mio. Sarden auf der Insel leben, ist der Status als „Autonome Region“ mit eigener Regionalregierung schon ein großer Schritt. In neuerer Zeit richten sich die Wandgemälde gegen Missstände in der Weltpolitik: man sympathisiert mit den Palästinensern, ächtet den Krieg im Jemen und gibt sich auch sonst sozialkritisch. Fast jedes Haus hat ein solches Wandgemälde, was den Ort natürlich wieder attraktiv macht.
Menschen auf Sardinien
Dass Sardinien nicht Italien sei, lernt man mit den Sitten und Bräuchen der Menschen kennen. Allein der Karneval ist mit seinen archaisch-heidnischen Tänzen und Masken allenfalls vergleichbar mit der alemannischen Fastnacht. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Feste, Heiligenverehrung, Reiterfeste und Rennen. Da in Italien Fronleichnam kein Feiertag ist, feiert jedes Dorf oder jede Stadt vorher oder nachher. Wir erleben eine kleine Schiffsprozession mit dem Heiligen der Kirche am Hafen von Arbatax.
Ein Einblick in die Gemütslagen der Sarden bietet der Roman „Schilf im Wind“ von Grazia Deledda. Diese Autorin beschreibt darin die Umbrüche auf Sardinien im ausgehenden 19. Jh. bis zu Beginn des 20. Jh. Viele Sarden mussten auswandern Hungersnot), Großgrundbesitzer verschafften sich Ländereien, und die tradierten ländlichen (adeligen) Strukturen zerbrachen. 1926 erhielt Deledda als erste Frau überhaupt für ihr Werk den Literatur-Nobelpreis.
























































